Sonntag, 6. März 2016

Monteagudo

Wieso und Wie?

Wieso ich jetzt in Monteagudo bin:

Nach dem Zwischenseminar im Januar, begleitete mich Kira mit auf die Insel, um dort zu arbeiten. Sie blieb bis zum 24.2.2016 und als dieser Tag immer näher kam, beschloss ich endgültig die Insel zu verlassen und in eine neue Einsatzstelle zu wechseln. Ich hatte schon länger darüber nachgedacht, da ich mich auf der Insel nicht besonders wohl gefühlt habe und sehr einsam war. Auf der Insel ist es nämlich so, dass man eigentlich den ganzen Tag nur Männer sieht, da die Frauen eigentlich nur Zuhause sind, kochen und auf die Kinder aufpassen..manche Vorurteile stimmen eben. Außerdem sind meine einzigen Bezugspersonen, Rosa und Oscar aus Challapampa, von der Isla weggezogen, wie auch meine Gastmutter mit meiner Gastschwester. So war ich also alleine mit Nelson und Adrian. Mit letzterem gab es einige Probleme, da wir uns im Dezember zerstritten hatten.

So war die Entscheidung für mich nur logisch. Ich hatte bereits ein halbes Jahr durchgehalten, weshalb ich schon sehr stolz sein kann. Außerdem bin ich nicht hier um mich ein Jahr lang zu quälen. In anderen Dörfern wird meine Arbeit genauso benötigt wie auf der Insel und um ehrlich zu sein glaube ich, dass sie dort auch mehr geschätzt wird.

So bin ich also nach einigen Organisationsschwierigkeiten, am 24.2.2016 zusammen mit Kira nach La Paz und daraufhin nach Sucre. Dort blieb Kira bis zum 28.2, während ich mit anderen Freiwilligen einen kleinen Ausflug nach Tarabuco machte. Dort besuchten wir Tamara, Mareille und Frieder. Wir spielten Rage, Kniffel, buken Pizza und gingen am Sonntag auf den recht bekannten Markt. Ich hätte ehrlich gesagt erwartet, dass er etwas größer und bunter wäre, aber auch so war es ganz nett.
Nachdem wir uns einen Platz im Trufi erkämpft hatten, fuhren wir zurück nach Sucre, wo ich noch bis Dienstag den 1. März blieb.

Wie ich nach Monteagudo gekommen bin:

Am Dienstag stiegen wir um sieben Uhr abends in die Flota ein. Ich mit ganzen zwei Koffern (beide über 20kg), einem Backpacker-Rucksack und einer großen bolivianischen Plastiktüte.
Da ich die Strecken im Departemento La Paz gewohnt war, bekam ich auf der kurvigen, ungeteerten und dementsprechend unebenen Straße kein Auge zu. Bis wir etwa um halb eins im strömenden Regen anhielten. Wir haben uns nichts dabei gedacht, sondern waren einfach nur froh, dass der Bus einmal still stand. So schliefen wir bis etwa fünf Uhr morgens und wunderten uns, als wir dann am immer noch selben Platz, wie um halb eins standen. Wir standen dort noch eine weitere Stunde, bis unser Busfahrer beschloss, dass unüberwindbare Hindernis zu überwinden.
Wie sich herausstellte, handelte es sich nur um eine ganz besonders unebene Stelle, auf welcher der Bus drohte umzukippen.
Diese Stelle hatten wir schnell hinter uns gebracht und so ging die Fahrt weiter.
Ich hätte zu diesem Zeitpunkt schon längst in Monteagudo sein müssen, doch da ich weder Guthaben noch Empfang hatte, konnte ich niemandem Bescheid geben.
Jedenfalls wartete zehn Minuten später ein weiteres Hindernis auf uns. Ein Baum war wegen des starken Regens umgekippt und versperrte uns den Weg. Aber die männlichen Männer Boliviens schritten tatkräftig zur Tat und zerkleinerten den Baum mit Macheten und Äxten. Dann fuhren wir weiter, auf dem Weg wurde noch ein Baum beseitigt und dann kamen wir zu einem Hindernis, dass ohne Bagger nicht entfernt werden konnte. Ich habe nicht ganz gesehen was es war, doch man sprach von Felsbrocken und mehreren Bäumen. Jedenfalls ist mir dann aufgefallen, wie gut es in Bolivien funktioniert, dass wirklich alle mit anpacken. Alle Männer, aus allen Bussen (zu dem Zeitpunkt etwa fünf) stiegen im strömenden Regen aus um zu helfen und überließen die Arbeit nicht einfach den Leuten in den ersten zwei Bussen, so wie es wahrscheinlich in Deutschland ablaufen würde.

Jedenfalls hatten wir Glück und der Bagger war bereits an Ort und Stelle, weshalb wir schnell weiter fahren konnten. Nach vier weiteren Unterbrechungen, durch Felsen und Steine, die aber alle von den Männern aus den Bussen entfernt werden konnten, kamen wir zu einer Stelle, mit wunderschöner Aussicht, die ich hassen gelernt habe.
Dort waren nämlich nicht nur ein Baum und ein paar Steine herunter gekommen, sondern ein risiger Haufen Erde noch dazu. Etwa um acht Uhr morgens kamen wir an dieser Stelle a und zu diesem Zeitpunkt hieß es, dass um halb zwei ein Bagger kommen würde um alles zu beseitigen. Caro und ich, wie wir uns schon vollkommen in Bolivien eingelebt haben, blieben vollkommen entspannt, schliefen, lasen und warteten. Als um zwei Uhr noch immer kein Bagger kam, fragten wir beim Busfahrer nach und dieser verschob die Ankunft des Baggers dann auf fünf Uhr. Wir lasen also weiter, schliefen und aßen die Schoko-Cornflakes, die ich glücklicherweise in Sucre gekauft hatte. Wir wären wahrscheinlich verhungert ohne diese, denn das erste Mal kamen wir gegen vier Uhr an Essen. Ein Mann war mit seinem Auto aus einem der Dörfer zu uns gefahren und verkaufte Softdrinks, Bananen und Brot zu absolut normalen Preisen. Wir erkämpften uns fünf Mini-Bananen, eine Flasche Fanta und zwei Brote. Mittlerweile waren es nämlich acht Busse die mit uns warteten.

Auch um fünf Uhr war noch kein Bagger da, weshalb dann gesagt wurde, dass einer am nächsten Morgen um fünf käme. Dem Bagger war es wohl nicht möglich bis zu uns zu kommen, geschweige denn den Rest der Strecke frei zu räumen, da in Monteagudo wohl der Fluss über die Ufer getreten war und man nicht passieren konnte. So warteten wir also weiter, bis um etwa sieben Uhr wieder Leute aus den Dörfern zu uns hoch fuhren und uns überteuerten Reis mit Kartoffeln verkauften.

Da viele Leute ausgestiegen waren, um die restliche Strecke nach Monteagudo (zwei Stunden mit dem Bus) zu laufen, hatten wir viel Platz und fast jeder konnte sich auf zwei Sitzen ausbreiten. Caro und ich schliefen recht früh, während die Männer draußen ein Lagerfeuer machten und eine kleine fiesta feierten..aus welchem Grund auch immer..

Am nächsten Morgen kam aber natürlich kein Bagger, sondern bloß ein Planwagen, der mit etwa zehn Männern und ebenso vielen Schaufeln beladen war. Da beschloss unser Busfahrer nach Sucre zurück zu fahren und drehte überaus gekonnt auf dem sehr schmalen Weg und einem Stück grün direkt über dem Abgrund. Caro und ich stiegen aus, obwohl wir großes Vertrauen in unseren Busfahrer hatten..aber sicher ist sicher.

Wir fuhren also zurück, doch als wir das erste Dorf erreichten erfuhren wir, dass auch der Weg nach Sucre vollkommen versperrt sei. So fuhren wir also ein Dorf weiter, um wenigstens etwas zu Essen und Guthaben kaufen zu können. Erst da konnte ich Bescheid geben, dass ich nicht in irgendeinem Abgrund liege und noch lebe.
In besagtem zweiten Dorf erfuhren wir, dass die Strecke nach Sucre etwa um vier Uhr frei sein würde, also blieben wir dort und warteten erneut. Zum Glück war der zweite Tag nicht so heiß wie der davor, weshalb es angenehmer war im Bus zu sitzen und zu lesen. Außerdem standen wir nicht mitten in der Pampa, sondern konnten echte Toiletten nutzen und Essen zu normalen Preisen kaufen.

Um vier Uhr erfuhren wir dann, dass der Weg nach Monteagudo auch frei wäre, so fuhren wir also erneut Richtung Monteagudo. Von Platz zwei in der Karawane, landeten wir dann auf Platz 15 und natürlich war der Weg noch nicht frei. Nach weiteren zwei Stunden konnten wir dann tatsächlich weiter fahren und auf dem Weg sahen wir, wo überall Bäume und Erde herunter gekommen waren und wir waren wirklich sehr froh, nicht von einem dieser Erdrutsch erwischt worden zu sein.

Als es dann dunkel wurde hielt unsere Karawane, bestehend aus etwa 30 Bussen erneut. Ein Bus weiter vorne kam wohl den Berg nicht hoch und man sprach erneut davon, dort die Nacht zu verbringen.
Irgendwie ging es dann aber doch weiter und wir kamen um 21:00 Uhr in Monteagudo am bereits geschlossenen Terminal an. Da es immer weiter regnete und der Weg zwischen Monteagudo und Camiri wohl noch schlimmer war (selbst wenn es trocken ist), beschloss der Busfahrer erst um 04:00 Uhr weiter zu fahren. Das war eher schlecht für Caro, da sie eigentlich in Camiri wohnt und endlich Zuhause ankommen wollte. So fuhren wir also zusammen mit dem Taxi in Richtung meines neuen Zuhauses...von dem wir beide nicht wussten wo es war. Wir wussten bloß, dass es in der Nähe des Krankenhauses war..also fuhren wir halt dort hin. Die liebe Vera, fast krank vor Sorge, wartete dann mit einer Taschenlampe vor dem Haus und half uns mit dem Gapäck.

Wie Vera ist hatte sie sich unglaubliche Sorgen gemacht, war mehrfach beim Terminal um nach uns zu fragen und hatte in Sucre im Hostel angerufen, um zu fragen wo wir sind und Bescheid zu geben, dass wir noch nicht da wären.

Falls ihr übrigens mehr über Monteagudo wissen wollt, könnt ihr gerne auf  Veras Blog vorbeischauen. Dort wird auch die Stadt und unsere WG beschrieben. 

So kam ich also nach 50 Stunden (normalerweise 10) in Monteagudo an. Vollkommen fertig, wir hatten seit Dienstagabend weder geduscht, noch konnten wir uns die Zähne putzen oder etwas vernünftiges Essen. Nach einer ausgiebeigen Dusche fielen wir nur noch ins Bett, voller Mitleid für die arme Caro, die ja noch weiter fahren musste.

Mein Fazit zur Reise inklusive Turbulenzen: Wir waren die meiste Zeit ruhiger entspannter und einfach kompromissbereiter als die meisten Bolivianer (was schon was heißen soll) und wir kommen wirklich gut mit Bolivien und seinen Tücken klar. Ich bin froh, dass ich alles verstanden habe, weil ich wahrscheinlich doch ausgerastet wäre, hätte ich nicht gewusst was los ist.
Ich bin froh, dass es vorbei ist und hoffe, dass ich das nicht nochmal erleben muss.
Das ist auch unwahrscheinlich, denn der Busfahrer sagte mir, dass er das in den sieben Jahren in denen er diese Strecke schon fährt, niemals so erlebt hat.

Jetzt bin ich also in Monteagudo und wohne in einer WG mit Vera, Lea (macht aktuell ein Sprachzertifikat in Sucre) und Marlene, mit der ich mir ein Zimmer teile. Ich kann mir noch gar nicht richtig vorstellen hier zu bleiben, sondern denke nach wie vor, dass ich bald auf die Insel zurück muss.

In kanpp zwei Wochen kommt meine Mutter nach Bolivien und dann reisen wir zusammen, deshalb werde ich in Monteagudo wahrscheinlich erst im April anfangen zu arbeiten. Es steht nämlich nur noch eine Arbeitswoche an, bis ich wieder weg muss und außerdem ist unsere Mentorin gerade auch gar nicht da. Ich freue mich trotzdem schon hier zu sein und endlich ein bisschen Gesellschfat zu haben.

Hasta luego

Suzanna


PS: Ich hätte natürlich gerne Fotos gemacht, aber leider war mein Handyakku sehr schnell leer.